«Tüpfli auf dem i ist glutenfreies Brot»
Allergien, Sensibilitäten, Unverträglichkeiten beim Essen, Maja Giger lebt gut damit. Das war nicht immer so. Als Kind hatte sie immer einen kugelrunden Bauch und musste viele ärztliche Untersuchungen über sich ergehen lassen. Die Krankheit Zöliakie war noch kaum bekannt. Man war der Meinung, es sei eine Kinderkrankheit, die mit 18 Jahren überwunden sein sollte. So durfte Maja Giger dann plötzlich Brot und Pizza essen. «Es war brutal hart, mit diesen guten Sachen wieder aufzuhören», sagt sie, denn die Schmerzen und Symptome kehrten sofort zurück. Wie geht Maja Giger, beim Fachmagazin Hotelier zuständig für Marketing, Verkauf und Beratung, mit der Gluten-Unverträglichkeit im täglichen Leben um?

Wie würde sich bei Dir zeigen, wenn in einem Essen Gluten enthalten waren?
Maja Giger: Ein Bissen Brot oder zwei, drei Löffel Suppe verursachen starke Blähungen und eine sehr schmerzhafte Darmentzündung. Zwar kollabiere ich nicht und müsste auch nicht ins Spital eingeliefert werden. Aber während einigen Stunden kann ich nicht stehen, sondern nur noch liegen. Es dauert dann drei, vier Tage, bis die Bauchschmerzen und die Flatulenzen vorbei sind. Alles sehr unangenehm und schmerzhaft.
Was machst Du, um keine Gluten-Attacke zu erleben?
Ich muss akribisch vorsichtig sein. Beim Einkaufen lese ich jede Verpackungsbeilage in allen Details. Beim Auswärtsessen frage ich immer, ob das Gericht glutenfrei ist. Manchmal ist das mühsam, wenn auf der Menükarte nichts deklariert wird. Aufgrund meiner Erfahrung würde ich sagen, dass rund 60 Prozent des Servierpersonals nicht verlässlich Auskunft darüber geben können, ob ein Gericht glutenfrei ist, 40 Prozent sind gut informiert. Um mit der Unverträglichkeit gut zu leben, heisst es für mich lesen, lesen, lesen und fragen, fragen, fragen.
Es scheint, dass man als Gast mit einer Allergie nicht immer wertschätzend behandelt wird.
Ja, gelegentlich beschleicht einem das Gefühl, man verursache Probleme. Warum brauchst du eine Extrawurst? Kannst du nicht normal essen? Solche, nicht verbal mitgeteilte Botschaften sind unangenehm. Oder wenn das Essen trotz des Hinweises mit Brotcroutons oder der Kaffee mit Bisquits serviert wird, weiss man, dass die nötige Sensibilität fehlt. Aber es gibt auch den andern Fall. Das Tüpfli auf dem i ist, wenn einem glutenfreies Brot gereicht wird. Das ist echte Wertschätzung.
Gibt es kein Label, das für glutenfreie Produkte steht und den Betroffenen den Alltag erleichtert?
Doch. Das Glutenfrei-Symbol ist eine durchgestrichene Ähre in einem Kreis. Das Symbol ist im Handel und immer mehr auch in der Gastronomie verbreitet. Für mich schafft das Label echte Sicherheit, dass es sich eindeutig um ein kontrolliertes, glutenfreies Produkt handelt. Das Symbol wird von der IG Zöliakie vergeben.
Was ist Zöliakie?
Es ist eine Unverträglichkeit des Dünndarms gegenüber Gluten. Gluten ist ein Sammelbegriff für Proteine (Klebereiweisse), die in den Getreidesorten Weizen (inkl. Einkorn, Emmer und Khorasan Weizen – oft erhältlich unter dem Namen Kamut), Dinkel und Ur-Dinkel, Grünkern, Gerste, Roggen und Hafer enthalten sind. Zöliakie betrifft etwa 1 von 100 Personen. Bei Menschen mit Zöliakie löst der Verzehr von Gluten eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut aus. Dadurch sterben mit der Zeit die Zotten des Dünndarmes ab und es kommt zu einer Unterversorgung des Körpers mit lebenswichtigen Vitaminen. Nährstoffe werden nur noch vermindert aufgenommen. In vielen Fällen dauert es lange, bis eine Zöliakie diagnostiziert wird, da diese Erkrankung verschiedene, oft nicht eindeutig zuzuordnende Symptome verursacht.